Routenverlauf der Reise

Sonntag, 4. August 2019

Emergency Room oder der schlimmste Tag der Welt

Der Bus aus Udon Thani fuhr pünktlich los und es war kein Problem dem Fahrer zu vermitteln, wo er uns rauswerfen sollte. Mitten im Nirgendwo schmiss er uns an der Straße mit Sack und Pack raus. Laut Reiseführer sollte es noch zwei Kilometer über eine Querstraße zum Höhlentempel gehen. Wir entdeckten ein kleines Lädchen mit Garküche und stärkten uns erstmal mit Nudelsuppe. Komischerweise war es kein Problem Bier zu bekommen, obwohl heute immer noch Feiertag war. In der Provinz schaut Buddha scheinbar nicht so genau hin. Mit viel Gestik und Mimik schafften wir es schließlich dem Garküchenchef verständlich zu machen, dass wir unser Gepäck gerne für zwei Stunden dort stehen lassen würden und als ihm klar wurde, dass wir es dann doch am gleichen Tag wieder abholen würden, stimmte er zu. Insgeheim hofften wir bei der Hitze auf eine Mitfahrgelegenheit zur Höhle und so versuchten wir Autos anzuhalten. Der zweite Pickup hielt und wir durften hinten auf der Ladefläche mitfahren. Einiges an Schweiß gespart. Dort angekommen war es mit dem Schweißtropfensparen schon wieder vorbei, denn es lauerten schon Hunderte von Stufen auf uns, die zur Höhle auf halber Höhe des beeindruckenden Karstfelsen führten. Oben ruhte ein großer goldener Buddha am Eingang der Höhle und ermahnte uns still wegen unseres Mittagsbieres. Schnell vorbei in die spektakuläre Höhle. Eine riesige Halle mit Statuen, Stalagmiten, Stalaktiten, kleineren Gängen und glitschigen Treppen wartete darauf, erkundet zu werden. Durch kleine Öffnungen in der Höhlendecke schien magisch etwas Sonnenlicht hinein. Am Ende der großen Halle ging es nochmal Hunderte Stufen hinauf zu einem zweiten Ausgang. Melli und Emmchen ersparten sich den Weg, aber mein Kraxeln wurde mit einer atemberaubenden Aussicht über die Reisfelder und verstreuten Karstfelsen belohnt. Emmalie entdeckte noch einige Fledermäuse, bevor wir uns anschließend auf den Rückweg machten. Von den gestrigen Hustenattacken war keine Spur mehr zu sehen. Noch waren wir guter Dinge. Unsere Glückssträhne riss nicht ab, als uns ein weiterer Pickup wieder zurück zu unseren Rucksäcke und zur Durchgangsstraße brachte. Viel konnte heute nicht mehr schief gehen, dachten wir. Gemütlich im Schatten auf den Rucksäcken sitzend warteten wir auf den nächsten vorbei kommenden Bus. Dieser ließ etwas auf sich warten, aber schließlich kam er dann doch. Natürlich war er schon relativ voll, aber wir quetschten uns irgendwo getrennt voneinander dazwischen. Es sollten nur noch knapp 2 Stunden Fahrt sein. Ein Klacks. 
Nach einer dreiviertel Stunde hielt der Bus plötzlich an. Die Fahrgäste wurden etwas unruhig und schließlich erklärte uns jemand mit der Übersetzungsapp auf dem Handy, dass der Bus ein Problem hätte und wir eine Pause machen müssten. Wir stiegen aus und entdeckten vor uns am Straßenrand einen weiteren Bus, an dem schon herumgewerkelt wurde. Die Fahrgäste des anderen Busses standen offensichtlich schon etwas länger in der Gegend rum. Für uns war dies zunächst ein Hoffnungsschimmer, dass es gar nicht um unseren Bus ginge, sondern wir uns nur mit dem anderen Bus solidarisch zeigten und Hilfe anbieten würden. Nach 20 Minuten ging es dann auch weiter. Der ohnehin schon volle Bus nahm noch so viele Fahrgäste des anderen Busses auf und so fühlten wir uns wie Sardinen und schwitzten nur so vor uns hin.
Leider zuckelte unser Bus plötzlich wie eine alte Dampflok und bei jedem Druck aufs Gaspedal begann er zu ruckeln. Im Motorraum unter uns ertönten von Zeit zu Zeit für alle erschreckende Knalltöne. Unabhängig voneinander, weil wir so eng gedrängt und im Bus so weit voneinander entfernt waren, hielten wir beide schon Ausschau nach den Nothammern. Melli suchte vergeblich, bei mir war tatsächlich einer in der Nähe. Zu unser aller Beruhigung und bevor der Bus in Flammen aufging, hatte der Busfahrer ein Einsehen, hielt am Straßenrand und ließ uns aussteigen. Die Thailänder telefonierten wie wild, aber wir wussten nicht wen wir anrufen sollten, also hofften wir wieder auf eine Mitfahrgelegenheit.
Ein Kleinwagen mit zwei jungen Thailänderinnen hielt und wir quetschten uns mit all unserem Gepäck in das viel zu kleine Gefährt. Uns war es hochgradig peinlich, denn wir stanken wie die Pest und die beiden kamen gerade hochgestylt von einem Fotoshooting. Sie drehten die Klimaanlage auf Hochtouren und versuchten, sich nichts anmerken zu lassen. Am nächsten Busbahnhof ließen sie uns dann aussteigen, damit wir einen weiteren Bus nach Loei nehmen konnten. Wir hatten uns mittlerweile unserem Schicksal ergeben. Irgendwann kam dann auch ein Bus aus einer anderen Richtung und innerhalb von einer halben Stunde waren wir in Loei angekommen. Ein kurzer Fußmarsch später fanden wir uns im Hotel wieder, welches im Reiseführer und auch im Internet für seinen zuvorkommenden Service gelobt wurde. Den sollten wir wenig später zu spüren kriegen. Im Zimmer rissen wir unsere stinkigen Klamotten vom Leib und sprangen ins Bad. Wir überhörten das zögerliche Klopfen an der Tür und schon stand die Dame des Hotels mit  einem korb voller gratis Erfrischungsgetränken und snacks mitten im Zimmer vor uns im Adamskostüm. Peinlich berührt und gebückt stellte sie den Korb auf den Tisch und stolperte hastig wieder aus dem Raum. 3 Minuten später klopfte es wieder. Ich band mir schnell ein Handtuch um, öffnete zögerlich die Tür und da stand die Dame, diesmal wahrscheinlich vor Scham so schweißgebadet wie wir zuvor und stammelte 4 mal hektisch ein aufrichtiges "Solly".
Emmchens Husten war wie weggeblasen und wir machten uns auf den Weg in die Innenstadt zum Abendessen. Im Reiseführer wurde eine Brauerei angepriesen, die von einem Kanadier geleitet wird und insgeheim machten wir uns trotz Feiertag leise Hoffnungen. Mit langen Gesichtern mussten wir feststellen, dass sich hier jeder brav an die religiösen Gepflogenheiten hält. Wahrscheinlich haben sie Recht.
Bei Wasser und gutem thailändischen Essen beendeten wir früh den anstrengenden Tag und hofften auf eine hustenfreiere Nacht.
Gegen 23:30 Uhr folgte mitten aus dem Schlaf heraus eine Hustenattacke vom Allerfeinsten, die gefühlt nicht mehr endete. Als Emmalie dann anfing zu würgen und zu spucken, zogen wir die Reißleine und uns an. Der netten Dame von vorhin erklärten wir die Lage und sie organisierte schnell eine Fahrerin die uns zu später Stunde ins Krankenhaus fuhr. Wach und in aufrechter Haltung war vom Husten wieder nichts zu hören. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Im wartesaal der Notaufnahme verging die zweistündige Wartezeit aber rasend schnell, weil es viel zu gucken gab. Hochschwangere Frauen in den Wehen, blutige Unfallopfer, die mit Blaulicht und Bluttransfusionen an uns vorbei getragen wurden, uralte verwirrte Greise mit nur noch wenigen Zehen und Wasserbeinen und den ein oder anderen Metallsarg inklusive hinterher trottenden Angehörigen steigerten unsere Scham über unseren Besuch in der nächtlichen Notaufnahme mit einer vermeintlich gesunden Emmalie und überbesorgten Eltern ins Unermessliche. Insgeheim hofften wir auf eine weitere aufsehenerregende Hustenattacke, die aber ausblieb. Die junge einigermaßen English sprechende Ärztin stellte um halb zwei Uhr eine leichte Halsentzündung fest und schickte uns mit Antibiotika und Hustensaft wieder nach Hause. Die gesamte Behandlung, Medikamente und unmengen an vielleicht überflüssigen Erfahrungen kostete uns umgerechnet 3,50 Euro. Nachahmenswert war diese Nacht nicht. Ein Telefonat mit unserem Hotel später, wurden wir wieder abgeholt. Anschließend schlief Emmchen fast ohne zu husten wie ein Stein. Am nächsten Morgen genossen wir ein reichhaltiges Frühstück und gestärkt machten wir uns auf den Weg zum Busbahnhof, um weiter in Richtung Mekong zu fahren. Es konnte nur noch bergauf gehen. Der Bus sah vielversprechend und funktionstüchtig aus und der buddhistische Feiertag war vorüber. Vielleicht hätten wir uns doch dran halten sollen, dann wären wir nicht so bestraft worden. Ich dachte immer, dass Buddha kein Gott und schon gar nicht ein strafender sei, aber vielleicht war ja dieser Tag eine Koproduktion des christlichen Gottes und Buddhas Rachegelüste wegen unserer unvernünftigen Biergier.















Freitag, 2. August 2019

Buddha knows how to party

Nachdem wir 2 Tage vorher schon umsonst am Bahnhof waren, um Tickets nach Udon Thani zu kaufen, waren wir diesmal pünktlich um 6 Uhr morgens am Schalter. Für den Zug, nur 3. Klasse, konnte man sympathischerweise nur direkt am gleichen Tag ein Ticket kaufen und wir fanden auch direkt einen schönen geräumigen Vierersitz für uns. Normalerweise kennen wir Zugfahren in Thailand als sehr gemütlich, aber recht zuckelig. Diesmal war es für thailändische Verhältnisse rasend schnell. Der Zug war zwar ultralaut, aber die Strecke inklusive Bahnhöfe scheinbar brandneu, so dass wir die fünfstündige Fahrt tatsächlich pünktlich über die Bühne brachten. Dass es kein Bier mehr in Bussen und Bahnen gibt, daran hatten wir uns mittlerweile gewöhnt, obwohl wir die schönsten Nachtzugfahrten ever hatten, inklusive Karaokeparty im Bordrestaurant mit den angestellten Ladyboys. Diesmal ging es sehr gesittet zu und irgendwann kamen dann auch die so ersehnten Essenswagen. Alles in allem war die Fahrt für 4 Euro für alle Beteiligten echt ein super Schnäppchen.
Wor hatten auf dem Weg extra ein Hotel mit großem Wasserpark für Emmchen rausgesucht, wohl wissend, dass es etwas außerhalb wäre. Da wir von Udon Thani aber eh nicht viel erwarteten, war das für uns ok. Allerdings hätten wir nicht gedacht, dass am Bahnhof keiner weiß, wohin wir wollen. Karten lesen kann hier wirklich kaum jemand. Das macht mich immer wahnsinnig, weil ich die Tuktuk Fahrer immer navigieren könnte, aber leider scheitert das an der Sprachbarriere. Irgendwann stand dann der komplette Bahnhof in einer Traube um uns herum und gemeinsam konnten sie dem Fahrer dann doch den richtigen Weg weisen. Wir ahnten schon, dass Udon Thani für uns ein Transportproblem werden wird. Das Hotel zwar an der Umgehungsautobahn gelegen war sehr modern und trotzdem ruhig und hatte einen wirklich atemberaubenden kostenlosen Wasserpark inklusive. Emmchen flippte aus vor Freude. Direkt sprang sie in für sie knietiefes Wasser, robbte ausgelassen auf allen Vieren herum und übersah die aufgeplatze Farbe auf dem Beckenboden. Sekunden später riss sie sich den Fuß etwas daran auf, schrie wie am Spieß und wir mussten erstmal Jod und Pflaster organisieren. Um von dem schmerzenden Fuß abzulenken, nutzten wir erstmal das doch recht westlich und fade Mittagsbuffet und hofften, dass die Zeit alle Wunden heilt. Das Chlor brannte natürlich, aber nach heftigem Zureden, überwand sie sich und der Spaß am Wasser ließ den Schmerz vergessen. Hier machten wir das erste Mal Bekanntschaft mit einer im Isan üblichen Spezies: Westliche Früh- oder Spätrentner mit thailändischen Frauen. Hans und Franz aus Deutschland waren hoffnungslos vereinsamt, nervten ohne Ende und nach ein paar Sätzen hatten wir kaum mehr Lust uns noch weiter mit ihnen zu unterhalten. Emmchen übertraf sich selbst, sprang vom Beckenrand und schwamm wie eine Weltmeisterin und der nicht schwimmen könnende Hans im Schwimmreifen dümpelnd, staunte nicht schlecht. Da verschlug es ihm zum Glück die Sprache. Nachmittags wollten wir dann nochmal in einen Park und zum Nachtmarkt, aber das Hotel bot nur überteuerte Limousinen zum Chauffieren an. Darauf wollten wir uns nicht einlassen und wanderten Richtung Autobahn. Am Parkplatz hielt direkt eine nette Thailänderin und nahm uns kostenlos mit in die Stadt. Es war gefühlt noch nie so heiß wie an diesem Tag und wir entdeckten einen skurrilen Park mit großem Spielplatz, riesigen Fischen zum Füttern, überdimensionaln Quietscheentchen im See und vielen sportlichen Menschen. Wir ließen uns zu einer verschwitzten Runde Tretboot überreden und erwischten das langsamste Tretboot der Welt. Was hatten wir anschließend Durst auf ein eiskaltes Chang Bier. Um den Park herum fanden wir nur Saftbuden mit wahrscheinlich viel zu süßem Gesöff. Die Menschen saßen alle brav bei Wasser oder Saft, aber noch kam uns das nicht so seltsam vor, redeten wir uns doch ein, bei den ganzen Joggern, Gehern und Treetbootern, dass dies so etwas wie das Gesundheits- und Wellnessviertel Udon Thanis sei. Zum Glück fanden wir ein Tuktuk zum riesigen Nachtmarkt. Hier dämmerte es uns dann langsam, dass irgendetwas nicht stimmte. Viele Läden hatten zu und es bot uns tatsächlich keiner unser heisersehntes Bier an. Emmalie bekam noch ein kleines Kuscheltier als Trostpflaster für ihren noch immer etwas schmerzenden Fuß. Damit ging es schon besser. Mit geschultem Blick erkannten wir an einem Stand eine offen erscheinende thailändische Familie, die in Zeitungspapier eingewickelte Getränke tranken und witterten unsere Chance. Sie verhalfen uns zu unserer halblegalen heimlich eingewickelten Erfrischung unter der Ladentheke. Es stellte, sich heraus, dass die nächsten zwei Tage ein buddhistisches Fest gefeiert wird, an dem kein Alkohol ausgeschenkt oder verkauft werden darf. Die Thailänder deckten sich zuvor vorausschauend mit Thai Whiskey ein. Nur wir wurden davon völlig überrascht. Wir ahnten auch noch nicht, wir sehr uns diese religiöse Feierlichkeit uns am nächsten Tag noch treffen würde. Zumindest ging es sehr zeitig ins Bett. Das Aua an Emmchens Fuß wurde mit Salben aus der Apotheke behandelt und wir hofften inständig, dass sich der Kratzer nicht entzünden würde.
Irgendetwas bahnte sich bei Emmchen an. Bei Anstrengungen, die bei unserer doch recht aktiven Tochter schwer zu vermeiden sind, hustete Emmchen mehr und mehr, aber hauptsächlich nachts wurde es zwischenzeitlich wirklich etwas beängstigend. Es war ein urplötzlicher trockener Hustenanfall, der sich kaum beruhigen ließ. Trotz Verbot meinerseits, Krankheiten zu googeln, weil man am Ende immer beim Krebs oder so landet, lautete Mellis Googlediagnose Pseudokrupp. Einem recht harmlosen Husten, der sich aber teilweise sehr bedrohlich anhört. Wir wollten es zunächst mal am nächsten Tag beobachten, weil Emmchen sich selbst während dieser Attacken nicht schlecht fühlte oder gar Fieber hatte oder ähnliches und tagsüberg ging es ihr bis auf den Fuß blendend. Mehr Hustenanfälle gab es nicht zu vermelden und am nächsten Morgen brachte uns dann die überteuerte Hotellimo zum Busbahnhof. Ziel war Loei westlich vob Udon Thani und geplant war ein Zwischenstopp an einem Höhlenkloster. Wir ahnten noch nicht, dass dieser Tag einer unserer schrägsten Reisetage überhaupt werden sollte.