Irgendwie fühlt es sich schräg an, im heute morgens doch recht grauen Deutschland zu sitzen und an Fiji zurück zu denken, um die restlichen Blogbeiträge zu Ende zu bringen. Aber auf der anderen Seite ist es auch ideal, um sich wieder gedanklich zurück zu beamen auf die Trauminsel und das Grau und die Kälte (Für die Daheimgebliebenen ist es wahrscheinlich heute sehr warm) locker hinzunehmen.
Am Hafen angekommen fehlten eigentlich nur die gellenden Rufe nach Robeeeeeert, um sich wie in einer Folge von "Die Geissens" zu fühlen. Insgesamt ist Fiji natürlich ein Refugium für die Geissens dieser Welt, Honeymooner und spießige Segler. Aber hin und wieder und mit ein wenig Fingerspitzengefühl für die Auswahl der Unterkünfte findet man auch das Backpackervolk, zwischen dem wir uns meistens wohler fühlen. Der Hafen an sich war aber die Spitze der gutbetuchten Spießigkeit und leider hatten wir noch einen ziemlich langen Aufenthalt vor uns, da unser Boot erst in drei Stunden ablegen sollte. Man fühlte sich etwas wie in unserer alten Heimat Friedrichsdorf, wenn am Houiller Platz im April die ersten Sonnenstrahlen rauskommen und die Familien ihren zu Weihnachten erworbenen neuen maritimen Look zum Sonntagsspaziergang ausführen. Irgendwie nicht unsere Welt und mit dem ursprünglichen Fiji hatte diese Ausgeburt des modernen Kolonialismus nichts zu tun.
Von diesem Hafen gehen unzählige Boote zu nahezu allen erdenklichen Traumzielen, weswegen Fiji so populär ist. Kleine Mikrokoralleninseln mit zehn Palmen, ringsherum weißer Sandstrand, vier Villen und Aufenthaltsgenehmigung nur für neureiche, kinderlose, frischverliebte Pärchen mit rosaroten Brillen. Unser Budget traf für uns die Entscheidung und wir planten die Überfahrt nach Beachcomber Island. Dies ist auch eine klitzekleine Insel mit nur einem Ressort, welches aber für jedes Portmonaie etwas zu bieten hatte. Bekannt ist die Insel, auch im Lonely Planet, als Partyinsel für junge Backpacker, aber wir rechneten aufgrund unserer Nebensaisonserfahrung bisher nicht mit wirklich ausschweifenden Partys. Aber selbst die Erwartung einer Partyinsel war uns wesentlich lieber, als eine verknallte regenbogenfarbene Honeymooninsel mit Einhörnern und Robeeeeeeert und Carmen.
Die Bewertungen auf TripAdvisor warnten uns vor dem Essen und den überteuerten Getränken. Die Aussicht auf einer kleinen Insel von 500 Metern Durchmesser ohne oder nur mit sündhaft teurem Bier zu stranden, trieb uns die Schweißperlen aufs Gesicht. Also sorgten wir vor und wir kauften in dem auch recht überteuerten Supermarkt im Hafen zwei Sixpacks, ein paar Flaschen Wasser und Chips und stopften es in die letzten Lücken unseres kleinen Handgepäckrucksacks.
Schwer bepackt bestiegen wir das Schiff. Es erwartete uns eine kleine Kreuzfahrt und wir passierten nach uns nach immer kleinere Südseeperlen an, bis wir auf Beachcomber zusteuerten. Die Insel hielt was sie versprach und sah tatsächlich aus, wie man sich eine Robinson Insel so vorstellt. Palmen, weißer Strand um die Insel und ein paar Hütten. Ein kleines Boot las uns auf und wie in einer kitschigen Traumschifffolge hieß uns eine Gruppe singender und Ukulele spielender Einheimische willkommen. Wir waren die einzigen Neuankömmlinge an diesem Vormittag. Wie so oft auf den Fiji Inseln und später auch auf Samoa, glichen sich Männer und Frauen äußerlich sehr. Beide Geschlechter sind trotz der begrenzten Landmasse hoch und breit gewachsen, tragen kurze krause Haare, Blüten hinter dem Ohr und bunte Röcke. So ist von weitem auf Anhieb nicht zu erkennen, ob Männlein oder Weiblein. Sehr sympathisch und herzlich. Dazu kommt noch das Schönheitsideal, welches eher die fülligeren Körperformen bevorzugt. Vielleicht war das doch unser Paradies, wobei wir hier wahrscheinlich noch unattraktiv schlank erscheinen. Eine Magersucht attestierte uns aber auch hier niemand.
Die Insel selbst war in 10 Minuten zu Fuß umrundet, andere Verkehrsmittel gibt es zum Glück mangels Notwendigkeit nicht. Wir wurden in einer kleinen aber feinen Hütte einquartiert und waren positiv überrascht vom Komfort und von der Lage unseres neuen Zuhauses für die nächsten zwei Nächte. Hintenraus lag eine kleine Terrasse, von der es direkt ins Meer ging. Bei der Größe der Insel kaum anders zu erwarten, aber die Internetrecherche zuvor ließ Schlimmeres befürchten. Auf dem Weg zu unserer Unterkunft konnten wir noch einen Blick in den Schlafsaal für die jüngeren Backpacker oder kinderlosen Reisende erhaschen und wir wunderten uns nicht mehr über die negativen Kritiken mancher Besucher. Kasernenartige Hochbetten reihten sich ohne Privatsphäre aneinander und Moskitonetze, Vorhänge oder Ventilatoren suchte man vergeblich. Das konnte man wohl nur im Suff ertragen und so macht es für uns Sinn, dass die Insel in der Hauptsaison als Partyinsel verschrien ist.
Zu unserer Zeit waren mit uns ca. 10 Touristen auf der Insel und so war Emmalie noch die größte Partyrakete und sie jagte abends die Lichtpunkte eifrig wie eine junge Katze.
Es folgten zwei Tage feinstes Gammeln am Strand, zur Abwechslung ging es mal an den Pool oder die Schildkrötenaufzuchtstation besuchen. Einmal lieh ich mir Schnorchelausrüstung aus und schnorchelte in einer halben Stunde um die Insel. Wir kämpften zwei Tage lang für einen Ausflug zur Insel, auf der "Castaway" mit Tom Hanks gedreht wurde, aber leider ließ sich aufgrund mangelnder Teilnehmerzahl da nichts machen, außer wir würden für zwei weitere imaginäre Personen bezahlen, aber das war uns dann doch zu teuer. So musste Wilson vergeblich auf unsere Ankunft warten. Am Ende hätte sich die Insel wahrscheinlich nicht großartig von unserer unterschieden.
Das Essen, das wie im Altersheim für alle zu gleichen Zeiten buffetmäßig verabreicht wurde, war wider alle Erwartungen sogar richtig gut, wobei ich mich jetzt nicht als Feinschmecker bezeichnen würde. Versalzene Speisen merke aber sogar ich. Leider gab es kein Trinkwasser umsonst auf der Insel und so musste man sich das teuer erkaufen. Wir waren froh, über unser mitgebrachtes hippes Fiji Wasser aus dem Supermarkt. Melli behauptet nach wie vor steif und fest, das Wasser wäre das beste gewesen, was sie in ihrem Leben getrunken hätte. Ich konnte diese Behauptung nicht überprüfen.
Unsere Abende wurden erheitert mit etwas peinlichen touristischen Tanz- und Feuershows, bei denen es Emmchen tatsächlich schaffte einzuschlafen.
Mein Highlight waren eine ganze Reihe junger, aber auch großer Weißspitzenhaie, die direkt vor unserer Unterkunft in der Dämmerung und im Morgengrauen im glasklaren Wasser kleine Fischschwärme jagten. Da konnte ich stundenlang von der Terrasse aus zuschauen, der Rest der Familie war da etwas nüchterner. Am dritten Tag war es für uns aber auch wirklich höchste Zeit wieder weiter zu kommen und das gleiche Schiff, mit dem wir hingekommen sind, holte uns auch wieder ab. Diesmal ging unsere Route noch weiter an mindestens sieben weiteren Trauminseln vorbei, lud Touristen ein und aus und wir genossen die gefühlt kostenlose Südseekreuzfahrt auf dem Oberdeck. Aus der Ferne konnten wir so dann doch noch einen Blick auf die Tom Hanks Insel werfen. Schon fantastisch, was auf diesem Stück Erde für paradiesische Flecken zu finden sind. Für uns Stresser aber eindeutig ein wenig zu erholsam und eintönig. Drei Tage waren bei Weitem genug.
Zurück am Hafen führte uns unser direkter Weg wieder ins Travellerviertel (wenn man das so nennen kann) von Nadi und wir landeten diesmal im Hostel neben unserem letzten unweit des Flughafens. In zwei Tagen ging unser Flug nach Samoa.
Diesmal war der Sonnenuntergang leider nicht so spektakulär wie an unserem ersten Tag in Fiji, aber wir durften wieder eine zweite Feuershow genießen. Diesmal ist Emmalie nicht eingeschlafen, was vielleicht auch daran lag, dass einer der Artisten sich spektakulär beim Spielen mit Messern tatsächlich in die Hand geschnitten hat. Er ließ sich aber, bis auf ein erschrockenes und schmerzverzerrtes Gesicht und eine blutige Hand, nichts anmerken und die "Show must go on".
Für uns natürlich ein Anlass pädagogisch besonders wertvoll und nachhaltig auf die Gefahren von Messern und Waffen hinzuweisen. Emmalie ist seitdem pazifistisch im Pazifik unterwegs. Mal sehen, wie lang. ;-)
Unser letzter Tag in Fiji sollte nochmal überraschend werden und uns Bekanntschaft mit der Kriminalität Fijis machen lassen. Wir planten einen Ausflug in einen nahen botanischen Garten und einem anschließenden Besuch eines Schlammbades, welches uns um mindestens fünfzehn Jahre verjüngen sollte. Wir machten uns nur etwas Sorgen, was denn aus Emmalie wird, wenn sie 15 Jahre jünger wird, ließen es aber drauf ankommen.
Ich hatte noch überlegt meine Turnschuhe anzuziehen, aber die Hitze überzeugte mich ein weiteres Mal, mich für die FlipFlops zu entscheiden. Angeblich sonderten meine Schuhe einen strengen Geruch ab und wir beschlossen, sie zum Auslüften vor der Tür stehen zu lassen, damit der Raumduft nicht so in Mitleidenschaft gezogen würde. Die Hinfahrt ließen wir bequem angehen und ein Taxi fuhr uns bis direkt vor die Tore des botanischen Gartens. Hier gab es allerlei Orchideen zu bestaunen und wir wandelten durch das dichte Dickicht des Südseegartens. Ab und zu legten wir einen Zahn zu, da wir sonst bei lebendigem Leibe von Moskitos verspeist worden wären.
Auf der Karte sah der Weg zu den Schlammquellen aus wie ein Katzensprung. Natürlich wie so oft in der Mittagshitze liefen wir und unzählige Schweißperlen mit uns in Richtung Jungbrunnen und der Weg wurde länger und länger. Nach einer Stunde schafften wir es dann doch und ließen uns mit Matsch beschmieren, plantschten darin und entspannten anschließend noch in warmen Thermalquellen. Das Ergebnis war dann doch recht ernüchternd, vielleicht aber auch weil wir auf dem Fußweg 15 Jahre gealtert waren und der Schlamm uns zumindest wieder in den Originalzustand zurück brachte. So überlebte es Emmchen dann zum Glück auch unbeschadet. Mit frisch gestähltem Körper sollte es per Bus zurück in die Stadt gehen, was auch sehr unproblematisch funktionierte. Da der Busfahrer kein Kleingeld hatte, ließ er uns sogar umsonst mitfahren. In der Stadt schauten wir uns noch ein bisschen um, besuchten den lokalen Markt und fanden dann schließlich wieder den Weg zurück zur Unterkunft.
Hier staunten wir nicht schlecht, als wir feststellen mussten, dass wir tatsächlich das erste Mal auf unserer bis dato siebenmonatiger Reise, Opfer eines schweren und etwas bizarren Verbrechens geworden sind. Meine stinkigen, ausgelatschten und an alte Kartoffeln erinnernden Turnschuhe waren vom Erdboden verschluckt. Auch das naive Nachhaken an der Rezeption half nichts und so musste ich mich geschlagen geben und die nächste Reiseetappe in FlipFlops antreten. Fetische gibt es an jeder Ecke der Welt und scheinbar konnte hier jemand seiner Leidenschaft nicht widerstehen.
Mitten in der Nacht gegen 4 Uhr morgens brachte uns ein Taxi zum Flughafen und wir freuten uns schon wie Bolle auf ein für uns vollkommen weißes Fleckchen auf unserer eigenen Landkarte. Mit Samoa verbanden wir bis zu diesem Zeitpunkt nichts. Vor unserer Reise wussten wir nicht mal, dass dieses Land überhaupt existiert, geschweige denn mal eine deutsche Kolonie war. Wir waren hoch gespannt auf das Stückchen alte Heimat.