Routenverlauf der Reise

Dienstag, 27. Februar 2018

Drama am Milford Sound

Heute sollte es zum berühmten Milford Sound gehen. Dies ist ein spektakulärer Fjord mit 1000 Meter hohen Bergen drumherum, zu dem nur eine 80 km lange Straße hin und zurück führt. Es gibt nur eine Übernachtungsmöglichkeit dort und die wäre laut Reiseführer auf lange Zeit immer ausgebucht. Wir kümmerten uns daher schon einen Tag vorher um einen Stellplatz für unsere beiden Camper und hatten prompt Glück. So sollte es dann früh losgehen mit viel Sightseeing auf der Strecke, denn auch hier ist wieder der Weg das Ziel. Unser erster Halt war eine goldgelbe Grassteppe, umrahmt von mächtigen Felsriesen und man erahnte ganze Orkherden auf dem Weg zu einem Gefecht. Dann ging es einen Abstecher über eine 20 km lange Schotterpiste zu einem tief ins Tal stürzenden Wasserfall inmitten üppigen Regenwaldes und es ging immer weiter bergauf bis man nur noch durch enge Felsschluchten fuhr. Kleine Wasserfälle rinnen um uns herum runter und es plätscherte unaufhörlich.  Es folgte ein abschüssiger Tunnel, der nur in eine Richtung befahrbar war und der noch zu einem Hauptprotagonisten dieser Etappe werden sollte.
Angekommen am Campingplatz erfragten wir gleich die Möglichkeiten einer Bootstour über den Milford Sound. Die meisten Touristen sind aufgrund der eingeschränkten Übernachtungsmöglichkeiten am Nachmittag schon wieder auf dem Rückweg und so fanden wir noch ein Boot später am Tag. Sebastian bemerkte schon hier recht großen Wasserverlust aus dem Kühler seines Busses und etwas besorgt dachten wir alle an die morgige Rückfahrt über den Berg. Zunächst stand aber die Bootsfahrt an. Der Milford Sound ist eine der regenreichsten Gebiete Neuseelands und das will schon was heißen, denn Neuseeland ist nicht gerade arm an Regen. Wir hatten Glück und es regnet gerade nicht und der Himmel war stellenweise sogar blau. Der Beginn der Bootsfahrt war schon spektakulär, denn die Berge fallen fast senkrecht in das Meerwasser und bilden eine überragende Kulisse. Überall fällt Wasser die Hänge herunter und die Wolken perfektionieren das dramatische Bild. Auf dem Weg zum offenen Meer kamen wir noch an einer großen Robbenherde vorbei, die sich auf einem Felsen aalte. Der Kapitän war ein Profi und manövrierte das Boot zentimetergenau zu jedem Highlight. Am offenen Tasmanischen Meer wendeten wir und der Himmel zog wieder zu. Aus der Ferne erkannten wir eine Schule Delfine, die sich im Fjord tummelten. Der Kapitän machte die Ansage, dass wir vielleicht Glück haben, da die Delfine in Spiellaune wären und sie manchmal mit der Bugwelle mitschwimmen würden. Genau so geschah es und über mehrere Minuten sprangen die Delfine in einem Meter Entfernung hinter unserem Boot her und ließen sich professionell fotografieren. Die Delfine waren riesig aber so ganz haben wir die Erklärung dafür nicht verstanden, eventuell hatte es was mit dem nahrhaften Süßwasserfisch im Fjord zu tun, sicher sind wir da aber nicht. Vielleicht ist es auch einfach nur eine Speckschicht gegen die Kälte. Der Regen war dann fast vergessen und zu allem Überfluss steuerte der Kapitän noch direkt unter einen Wasserfall und wir ließen es uns nicht nehmen noch eine stärkere Dusche zu genießen. Diese war allerdings dann doch heftiger als erwartet und wir flüchteten schnell wieder ins Bootsinnere. Zurück am Campingplatz spannten Sebastian und ich eine große Plane zwischen unsere beiden Camper, um ein einigermaßen trockenes Abendessen einnehmen zu können. Sandy bemerkte plötzlich, das Tabea ziemlich glühte und das Fieberthermometer schnellte in die Höhe. Dies wäre an so einem abgelegenen Ort bei einem nicht kranken Kind schon schlimm genug, bei einem Kind mit Mukoviszidose natürlich ungleich schlimmer. Wir informierten uns an der Rezeption nach medizinischer Notfallversorgung, falls es in der Nacht schlimmer werden sollte und rechneten fast damit, dass der Helikopter kommen muss. Es regnete die ganze Nacht hindurch, aber im Bus nebenan blieb es ruhig. Das Fieber ging zum Glück zurück und am nächsten Morgen stellte sich heraus, dass Tabea von neuen Zähnen geplagt wurde. Wir waren alle sehr erleichtert. Da der Campingplatz am nächsten Morgen woodstockähnliche Zustände aufwies, und es immer noch wie aus Eimern schiffte, beschlossen wir schnellstmöglich und ohne Frühstück die Flucht nach hinten anzutreten und uns auf den Rückweg zu machen. Dieser war dann dramatischer als gedacht. Sebastian füllte vor der Reise noch das Kühlwasser auf und wir hofften einfach, dass es halten würde. Durch den Regen wirkte die Fahrt fast surreal, da die kleinen Wasserläufe mittlerweile zu riesigen Wasserfällen angeschwollen waren und links und rechts von der Straße brauste und tobte es die Berge runter. Man wunderte sich, dass die Straße nicht komplett unter Wasser stand. Wir schafften es bis zum Tunnel bergauf und waren guter Dinge, denn danach sollte es nur noch bergab gehen. Bis dahin hatte der Kühler schon mal gehalten. Vorsorglich fuhren Sebastian und Sandy voraus, damit wir mitbekommen, wenn mit dem Auto irgendwas nicht stimmen sollte. Ziemlich genau in der Mitte des einseitig befahrbaren und bergauf verlaufenden Tunnels, ging vor uns die Warnleuchte an und Sebastian bremste am Rand der Tunnelröhre. Schilder zeigen sowohl in die eine als auch in die andere Richtung die gleiche Entfernung zum Ausgang an. Schlimmer hätte es nicht kommen können Der Bus dämpft, wir standen ohne Handyempfang in der Mitte eines Tunnels und wir malten schon einen ausbrennenden Bus im Tunnel aus. Uns blieb nichts anderes übrig als abzuwarten, bis der Motor sich abgekühlt hätte. Zum Glück war im Tunnel noch ausreichend Platz für den Gegenverkehr, so dass wir zumindest nicht den Tunnel blockierten. Irgendwann beschloss Sebastian im Schneckentempo weiter zu fahren, um zumindest aus dem Tunnel raus zu kommen. Mit einem weiteren Abkühlstopp erreichten wir glücklicherweise wieder Licht am Ende des Tunnels und es sollte nur noch bergab gehen. Ab hier, meinten wir, sollte es funktionieren. Wir fieberten ein bisschen Zivilisation entgegen, was bedeutete Handyempfang, Frühstück und eventuell eine Autowerkstatt.
Als wir überhaupt nicht mehr damit rechneten gingen vor uns im Wagen wieder die Warnlichter an. Es qualmte und dampfte aus allen Ritzen und das Gefährt war während der Fahrt einfach ausgegangen. Kein gutes Zeichen. Es war nach wie vor regnerisch und kalt, kein Handyempfang, keine Ahnung und die angeschlagene Tabea machte uns auch noch etwas Sorgen. Das bisschen Wasser was noch da war schütteten wir in den Kühler, es verdampfte aber sofort wieder. Erneut half nur warten. In der Nähe war ein See und ich machte mich auf den Weg, Wasser zum Kühlen zu holen. Sebastian stellte in der Zwischenzeit fest, dass im Behälter für die Kühlflüssigkeit noch Wasser vorhanden war und somit ein Leck im Kühler selbst wahrscheinlich wäre. Ich habe von sowas keine Ahnung und wusste nicht so wirklich, ob es ein gutes oder ein schlechtes Zeichen wäre. Für mich klang es eher schlecht. Wir kippten diesmal das Wasser  nicht in den Behälter, sondern in den Kühler selbst und so schafften wir es schließlich dann tatsächlich wieder nach Te Anao ohne einmal nachgießen zu müssen. Dort gab es dann endlich etwas zu essen und Sebastian googlete das Autoproblem. Dies beruhigte ihn insoweit, dass er auf eine Werkstatt erstmal verzichtete. Wir beschlossen jetzt aufs Ganze zu gehen und ein paar Meter zu machen und bis nach Cromwell zu fahren. Hier oder auf dem Weg würde auch noch eine Werkstatt kommen, falls notwendig. Es ging dann stundenlang über schnurgerade Strecken an schönen kristallklaren Seen entlang, an Queenstown vorbei bis nach Cromwell. Queenstown ließen wir bewusst aus, da uns die Aktivitäten wie Rafting und Bungee Sprung mit Emmalie nicht so zusagten. Außerdem wollten wir dem Massentourismus von Queenstown entfliehen. Im warehouse ergatterten wir noch ein Mittel, um kurzfristig ein Leck im Kühler zu flicken und beschlossen es morgen früh in den Kühler zu kippen. Was es alles gibt.
Eine Stunde später erreichten wir dann ziemlich geschafft aber erleichtert den Campingplatz in Cromwell.


























Freitag, 23. Februar 2018

Toilettengänge

Heute stand eine lange Fahrt auf dem Programm zunächst weiter Richtung Süden, bis es nicht mehr südlicher ging, und dann wieder hoch Richtung Te Anao. Der erste Stopp war Slope Point, der südlichste Zipfel Neuseelands und damit auch unser bisher südlichstes Fleckchen Erde, auf dem wir je waren. Dort ist es ziemlich genau so, wie man es sich vorstellt. Recht einsam, stürmisch,  felsig, raues Wasser, aber immerhin hatten wir ein Fußpilz dabei. Hier peitscht der Wind schon seit Jahrhunderten immer in die gleiche Richtung, sodass die Bäume skurril und krumm in die gleiche Richtung wachsen. Nach dem obligatorischen Selfie und mit Sandy und Sebastian auf unsere Reise anstoßen, ging es weiter zu einem historischen Leuchtturm am Waipapa Point ganz in der Nähe. Hier gab es es nicht nur den Leuchtturm zu bestaunen, sondern auch einen schönen Strand, an dem Melli und Emmalie direkt anfingen, Muscheln zu suchen. Ich beschäftige mich in der Zeit mit den gestrandeten Kelpwäldern und stolperte fast über einen schlafenden Seebär. Zunächst dachte ich er wäre tot, da sich Fliegen an seinem Auge zu schaffen machten. Sebastian und ich näherten sich ihm, bis es ihm nicht mehr gefiel und er uns, wie es sich für einen Seebären gehört,  barsch anblaffte. Diese Warnung reichte uns und mit einem großen Satz nahmen wir voller Respekt Abstand von dem doch imposanten Tier.
Ab hier sollte es weiter nördlich gehen. Ein letzter Aussichtspunkt mit Blick in Richtung Antarktis und dann hieß es erst mal Gas geben. Noch ein spontaner Stopp an einer alten Brücke inklusive Geocache und dann war es nicht mehr allzu weit nach Te Anau. Endlich waren die Südalpen Neuseelands in Sichtweite und imponierten mit ihrer Schroffheit und Höhe aus der Ferne. Te Anau liegt mitten zwischen den Bergen an einem wunderschönen glasklaren See und der Campingplatz bot sich wieder zu einem gemeinsamen gemütlichen Grillabend an. Für den nächsten Morgen stand eine Glühwürmchenhöhle auf dem Programm. Hierzu musste man erst mit einem Boot über den See schippern und man konnte die Höhle nicht auf eigene Faust besuchen, sondern musste sie im Rahmen einer Führung erkunden. Die Überfahrt war recht stürmisch und damit auch recht frisch am frühen Morgen, aber bei Ankunft im gegenüberliegenden mit Regenwald bedeckten Ufer wurde uns wieder wärmer.  Das hibbelige Emmchen fragten wir vorher mindestens 10 Mal, ob sie nicht noch mal aufs Klo müsse, da das in der Höhle nicht mehr möglich wäre. Sie verneinte stets und immer nachhaltiger und wich unseren Blicken aus. Der Besuch der Höhle sollte auch nur eine Stunde gehen und wir gingen davon aus, dass es wohl noch reichen würde. Die Höhle war imposant und farbenfroh beleuchtet, bis wir irgendwann in ein kleines Ruderboot einsteigen durften. Fotografieren war strengstens untersagt, um die sensiblen Glühwürmchen nicht zu stören. Die Glühwürmchen in Neuseeland haben nichts mit den Glühwürmchen in Deutschland gemein, es sind tatsächlich richtige Würmer und keine Käfer wie bei uns. Diese Würmer sind die Larven einer nicht stechenden Mücke, die über Monate an der Decke hängen und durch bläuliches Leuchten Nahrung anlocken. Die eigentliche Mücke lebt dann nur zwei bis drei Tage. Ein doch recht armseliges Leben. Etwa 12 Touristen stiegen in den kleinen Kahn und gondelten in die Dunkelheit. Nach zirka 30 Sekunden im Boot, erwähnte Emmalie, dass sie jetzt ganz dringend müsse . Man durfte nicht nur nicht fotografieren, sondern man sollte auch insgesamt mucksmäuschenstill sein. Wir vermuten auch, um das romantische Naturschauspiel noch besser genießen zu können. Unsere Information, dass im Moment keine Toilette in greifbarer Nähe wäre, führte bei Emmalie erstmal zu einem aushaltbaren Wimmern und Jammern, das immer stärker anschwoll und schließlich zu einem außerordentlichen Schreikrampf wurde. Die mitfahrenden Asiaten und auch der Fährmann gingen davon aus, dass sie Angst in der Dunkelheit hätte, aber es war schwer und eigentlich auch egal, sie aufzuklären. Es half dann ein bisschen halb flüsternd Kinderlieder zu singen, um sie so abzulenken und wir genossen dann doch noch ein wenig, ganze Galaxien blauer Punkte über unseren Köpfen leuchten zu sehen. Zwar nur mit einem Auge und einem Ohr und in ständiger Anspannung, dass Emmalie auf Mellis Schoß pinkelt, aber immerhin. Zurück im beleuchteten Höhlengang fing Emmchen wieder an zu weinen und drückte sehr deutlich ihren Wunsch nach einer Toilette aus. Wir nahmen ein bisschen Abstand zur Gruppe, bereiteten Emmalie vor und schon lief es in den glasklaren unterirdischen Fluss. Wir gingen davon aus, dass wir anschließend ein bisschen Ärger bekommen, weil wir Angst hatten, dass der ganze Ort bei den Maori heilig wäre und wir ihn jetzt verschandelt hätten , aber hier waren sie dann zum Glück ganz entspannt. Wir schauten uns noch ein wenig im umliegenden Wald um und dann ging es wieder zurück nach Te Anau. Nachmittags hatten wir noch Lust, uns ein bisschen zu bewegen und machten eine Wanderung am Seeufer entlang. Der Weg führte an einem Vogelpark vorbei, indem heimische fast ausgestorbene Vögel ein Zuhause gefunden haben. Weiter ging es zu einem kristallklaren Fluss, an dessen Ufer Emmalie dann ihr Bedürfnis äußerte, jetzt ganz dringend mal groß machen zu müssen. Wir gingen davon aus, dass die Wurst schnell fort getrieben wird, aber scheinbar war die Strömung doch anders als erwartet und die riesige Wurst hing noch,  bis wir fluchtartig die Szenerie verließen, Zentimeter entfernt vom Ufer im glasklaren Wasser und bewegte sich kein Stück. Heute war das nicht unser bestes Timing. Wieder zurück erwarteten uns Sandy, Sebastian und Tabea und wir warfen wieder den Grill an. Irgendwie ein typischer Tag unserer Reise mit Kind. Wir probieren die Dinge genauso zu machen, wie vor der Geburt unserer Tochter, schaffen das auch fast, aber meistens läuft es dann doch ein bisschen anders als erwartet. Das macht es ja auch ganz spannend. Wir könnten einen ganzen Blogeintrag zum Thema Toilettengänge unserer Tochter auf Reisen schreiben, aber vielleicht würde es auch keinen interessieren.
Nach dem anstrengenden Tag ging es dann wieder recht früh ins Bett, da wir am nächsten Morgen sehr früh aufbrechen wollten , um zum berühmten Milford Sound zu kommen. Zum Einschlafen hat sich Emmalie mittlerweile angewöhnt, mit halb geschlossenen Augen so etwas wie Tai Chi Übungen mit den Händen im Liegen zu vollführen. Darüber schläft sie dann langsam aber sicher ein. Wir fragen uns, ob das die unaufhaltsamen Einflüsse unserer Asienreise sind, sind aber der Meinung, dass es schlimmer hätte kommen können.