Routenverlauf der Reise

Sonntag, 10. Dezember 2017

Bad Karma

Angekommen in einem kleinen untouristischem Dorf nahe Ubud sollte es auch schon direkt per Moped weitergehen. Es stand eine Tempelrundtour auf dem Plan, die aber direkt durch starke Regenfälle in einem kleinen Warung unterbrochen wurde. Wir saßen da etwas fest, aber es gab leckeres Gado Gado und die Besitzerin holte, begeistert wie sie von unserem Besuch war, ihr Handy raus und bat ihre zwei Söhne zum Fotoshooting mit den komischen Ausländern. Es kamen immer mehr Kinder dazu und schließlich auch, wie nicht anders zu erwarten, eine gebückte alte Sarongverkäuferin. Dies traf sich ganz gut, da wir eh welche kaufen wollten, da war sogar ich von überzeugt. Sie eignen sich nicht nur als Pflichtkleidungsstück in Balis Tempel, sondern auch zum Abtrocknen oder als Sitzunterlage am Strand. Angeblich machte die Dame mit uns den Verlust ihres Lebens, aber sie konnte sich trotzdem danach noch zahnlos lächelnd ein Mittagessen leisten.
Endlich ließ der Regen nach und wir fuhren recht weit bis zu einem Wassertempel, den wir gar nicht auf dem Schirm hatten. Eigentlich hatten wir einen touristischeren im Blick, aber dieser war mindestens genauso schön und hier war nichts los. Ich war der Einzige, der sich überzeugen ließ im heiligen Wasser zu baden und ich bin sicher, dass es mich im Leben ein ganzes Stück voran bringen wird. Meine mitreisenden werden es noch bereuen, die 30 Cent Heiligengebühr gespart zu haben.
Anschließend wurde der Weg wieder traumhaft schön aber etwas holprig und wir schoben noch mal eine kleine Snackpause zwischen den Reisfeldern ein. Der Warungbesitzer pries eine Spezialität hinter seinem Haus an und zeigte uns die auf den Reisfeldern gefangenen dicken Frösche in einem Becken. Ich konnte nicht widerstehen und diesmal griff auch Emmchen wieder herzhaft zu. Meinen Tischnachbarn Sassi, Melli und Fakir verging der Appetit etwas beim Anblick des lecker zubereiteten Fröschleins, das uns vom Teller aus anstarrte. Der Warungbesitzer betonte, dass gerade Kinder sehr viel davon essen sollten, da es kräftig und ausdauernd macht. Emmalie hüpft seitdem mindestens 20 Zentimeter weiter, bei mir hält es sich in Grenzen.
Es stand noch ein Höhlentempel auf dem Plan, bei dem wir die letzten waren, die kamen und gingen. Es war beeindruckend und hatte was von Indiana Jones, gerade bei zunehmender Dunkelheit. Auf dem Rückweg bretterten wir fast noch in einen Beerdigungszug, der mit Fackeln und Leichnam auf einer Bahre feierlich die Straße überquerte.
Am Abend im Warung ums Eck gönnten wir uns dann zwei ordentliche Bintang Biertower. Anschließend mussten wir uns noch erzieherischen Rat vom deutschen Besitzer anhören, da Emmchen einen Heulkrampf bekam, als sie ihr Tablet ausmachen sollte,nachdem sie so lange von uns Nervbacken in Ruhe gelassen wurde. Der blöde Spruch war das Einzige, was der in der Ecke lümmelnde Mann in unsere Richtung abdrückte, obwohl es zuvor sicher nettere Anlässe gegeben hätte, uns anzusprechen. Die Kritik prallte professionell an uns ab.
Der nächste Tag stand im Zeichen einer aufregenden Wanderung, die völlig anders als geplant verlief. Fünf Jahre zuvor waren wir diese Lonely Planet Wanderung schonmal abgelaufen und machten sie Sassi und Fakir als leichten Spaziergang durch Reisfelder schmackhaft. Zu unserer Verteidigung hatten wir sie auch so in Erinnerung. Zunächst ging es recht unspektakulär an einer viel befahrenen Straße entlang. Es wurde immer untouristischer und plötzlich war auf einem Platz enorm viel Menschenauflauf zu sehen. Wir quetschten uns hin und erkannten, dass hier ein in Bali traditioneller, aber ziemlich brutaler Hahnenkampf stattfand. Sassi und Fakir wandten sich recht bald ab, nahmen Emmalie mit, aber unsere Neugier war zu groß. Als die Männer den Hähnen dann Messer an die Hinterläufe banden und Wetten angenommen wurden, war es auch für uns Zeit zu gehen. Spätestens als es beim Weitergehen fast überhangartig einen rutschigen matschigen Pfad hinab ging, erinnerten wir uns wieder an das Beiwerk zu den Reisfeldern. Emmchen ließ sich irgendwann auch in die Kraxe bugsieren und wir schafften den Abstieg zum Flussbett zwar schweißgebadet aber unversehrt. Ein Einheimischer folgte uns und schwätzte etwas von einem unpassierbaren Weg mit Schlammlawine und Baustelle, aber wir kanzelten ihn unwirsch ab, dass wir schon Bescheid wüssten und keinen Guide benötigten. Wie sich nach ziemlich nasser und schon recht anstrengender Kletterei, es regnete unablässig in Strömen, aber herausstellte, sollte der Mann Recht behalten. Der Weg endete an einem Bauzaun mit Warnschild, das uns aber nicht weiter tangierte. Wir umgingen den Zaun und standen vor einer Schlammlawine. Es blieb uns nichts anderes übrig als diese auf allen Vieren hochzuklettern und zum Glück kam uns ein Bauarbeiter mit einem Metallrohr entgegen, an dem wir uns hochziehen konnten. Irgendwie haben wir dann im Regen die Abzweigung zu den Reisfeldern verpasst und wir liefen ziemlich lange an einer großen Straße entlang, bis es endlich auf den letzten Metern wieder schöner wurde und ein Hügelpass uns zurück zu unseren Mopeds in Ubud brachte. Auf der Rückfahrt erspähten wir aus Zufall den Vulkan Agung, der das erste Mal nicht wolkenverhangen war und eine riesige dunkle Rauchwolke ausspuckte. Damit fing die eigentliche eruptive Phase des Vulkans an, der zeitweise den Flughafen lahm legte, Tausende Anwohner in die Flucht schlug und bis heute für Unruhe auf Bali sorgt. Melli wollte den von Fakir und Sassi mitgebrachten Rotwein köpfen und ging auf die Suche nach einem Flaschenöffner. Am gegenüberliegenden Kiosk wurde sie fündig und brachte nebenbei noch einen seltsam nach Äppler schmeckenden Kokosnussschnaps (vielleicht war das auch unsere Sehnsucht, die zu uns sprach) und einen Nachbarn als Fahrer für die morgendliche Fortsetzung unserer Visaodyssee mit (vgl. Blogeintrag Passierschein A38). Anschließend hatten wir uns wieder einen Tower verdient.
Am nächsten Tag machten wir drei uns also allein für viel Geld und Rumfahrerei und ohne etwas zu bewirken auf den Weg zum Amt und waren schlecht gelaunt mittags wieder zurück. Die Aussicht auf eine Schokoladenverköstigung in einer Schokofabrik sollte unsere Laune verbessern, bei mir wirkte das nicht wirklich. Bei Ankunft mussten wir feststellen, dass dies nicht unser Tag war und die Fabrik gerade Mittagspause machte. So schlossen wir uns ihr an und eineinhalb Stunden später gewährte man uns dann Einlass. Das Gebäude, ökologisch nachhaltig komplett aus Bambus gebaut, war sehr sehenswert und die Schokolade wohl wirklich lecker. Auf dem Rückweg machten wir einen Zwischenstopp in einem uralten Heiligtum, einer kunstvoll aus dem Felsen gehauenen hinduistischen Höhle. Im angrenzenden urigen Dschungelgarten inklusive einem der wenigen buddhistischen Überbleibsel auf Bali ließen wir uns noch mit viel Pappreis auf der Stirn segnen und hofften auf bessere Tage. Als der Priester dann das Deckchen lupfte, unter dem die Geldscheine lagen, ergriffen wir zügig die Flucht und hatten wahrscheinlich damit unsere Chance auf mehr Glück für immer verspielt. Am nächsten Morgen sollte es früh per Uber oder Grab nach Munduk in die zentralen Berge gehen, aber jede Mitfahrmöglichkeit offenbarte unverschämte Preisdiskussionen. Am Ende landeten wir wieder beim Nachbarn im Auto, der uns den besten Preis anbot, und sich an unserem Pech eine goldene Nase verdiente. Wir wissen bis heute nicht, welches Ereignis unser schlechtes Karma ausgelöst hatte, vielleicht die durch unser Moped gestörte Totenruhe am ersten Tag, die Preisfeilscherei mit der gebrechlichen alten Frau,  das Froschessen, der Hahnenkampf, die unterschlagene Priesterspende oder einfach der Zufall. Ich glaube fest daran, dass diese Dinge nicht so passiert wären, wenn wir alle gemeinsam im heiligen Wasser geplantscht hätten.
















































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